Was macht man als alleingelassener Kerl am liebsten? Na klar, einfach aufs Moped und los. Es ist ein ziemlich schönes Wochenende im Spätherbst und Vicky ist auf Mädelstour. Ich schaue so durchs Internet und sehe zufällig eine ganz interessante Veranstaltung in Bönen. Der Mopedreisende Erik Peters hält da heute einen Vortrag über seine Nordamerikareise. Wie weit ist Bönen denn weg? Hm, Google Maps sagt 260km. Ich habe noch 3 1/2 Stunden bis der Vortrag anfängt. Das schaffe ich, schnell die Koffer an die Maschine geschnallt, ein paar Dosen Bier und die Zahnbürtse eingepackt und schon bin ich unterwegs.

Als ich ankomme, sind die meisten schon da aber es geht erst in einer halben Stunde los und so bleibt noch etwas Zeit, um mich bei einem heißen Kaffee aufzuwärmen, den ich am Stand von Claudia Hülsmann bekomme. Ihr Mann Andreas hat diese Veranstaltung organisiert. Insgesamt sind nur drei Mopedfahrer auf ihren Zweirädern gekommen und wir kommen sofort ins Gespräch.

Ich schaue mich etwas um und bestaune den alten Förderturm. Schade, dass der Vortrag nur unten in der großen "Halle" ist und ich nicht mehr davon bestaunen kann. Wir suchen uns gute Plätze in der mit Heizpilzen befeuerten Halle und machen es uns gemütlich. Ständig werde ich gefragt, ob ich verrückt sei, bei dem Wetter von Wilhelmshaven hierher zu kommen und wie es heute für mich weitergeht. Woher soll ich das wissen? Ich habe keinen Plan und lasse es auf mich zukommen. Immerhin haben Claudia und Andreas mir einen Platz bei sich zu Hause angeboten, das ist doch super nett.

Licht im Schacht in Bönen
Licht im Schacht in Bönen

Der Vortrag beginnt und hüllt uns in eine tolle Reisestimmung. Am liebsten möchte man selbst gleich los. Erik hat eine super lockere Art und bringt seine Reise mit viel Humor rüber. Die DVD über seine Nordamerikatour kenne ich zwar schon, aber der Vortrag mit all den Infos nebenbei ist noch besser. In der Pause und danach stellt sich Erik den zahlreichen Fragen der Interessierten.

 

Danach bekommen wir die tolle und überraschende Gelegenheit, uns den alten Förderturm doch noch genauer anzusehen - ein ehemaliger Kumpel, der sich um den Turm heute noch kümmert und das kleine "Museum" bewirtschaftet, gibt uns eine Führung. Spitze! Wir bekommen tolle Eindrücke aus der Zeit, in der hier noch gefördert wurde und lernen allerhand über den Abbau von Kohle. Unser Führer ist ein echtes Unikat und man könnte ihm stundenlang zuhören. Wer daran interessiert ist, kann sich auf der Homepage des Fördervereins Zeche Königsborn Informationen holen.

Es ist wirklich schön, mal ein wenig in diese alte Welt abzutauchen, von der man wirklich gar nicht viele Vorstellungen hat. Der Turm hat ganz oben zwei Balkone, die wir natürlich auch nutzen möchten. Von draußen hat man eine tolle Aussicht über das Sauerland, bis ins Ruhrgebiet. Leider kriegt meine Handykamera das nicht so recht eingefangen.

Da es zwischendurch ziemlich stark geregnet hat und auch jetzt immer mal wieder noch einen Schauer gibt, beschließe ich heute nicht mehr nach Hause zurück zu fahren. Ich suche mir in der Nähe ein Tourenfahrer Hotel, in dem ich absteigen möchte. Damit habe ich bisher immer beste Erfahrungen gemacht. Meine Wahl fällt auf das Haus Recke in Balve-Binolen. Auch in diesem Fall stellt sich das Hotel als Glücksgriff heraus. Der Chef - selbst passionierter Motorradfahrer - gibt mir einen Stellplatz unter seinem Carport und wir kommen ins Gespräch. Mit einem Kumpel von ihm trinken wir noch bis in die Nacht schottischen Single Malt und Bier. Er erzählt von seinen zahlreichen Reisen und zeigt Bilder. Allein dafür hat sich die ganze Aktion schon wieder gelohnt.

Die Zimmer sind spitze, das Frühstück wirklich gut und vielfältig. Das Wetter ist heute morgen wesentlich besser als gestern Abend noch und ich freue mich auf die Rückfahrt. Dennoch möchte ich mir die Gegend ein wenig anschauen, schließlich soll das Sauerland ja auch ganz schön sein. Ich frage Uli (den Chef), ob er mir sagen kann, wo ich hier in der Nähe auf jeden Fall mal langgefahren sein sollte. Sofort will er mir GPS Daten auf mein Garmin spielen, welches ich leider nicht dabei habe. Ich Depp. Das passiert mir auch nicht wieder. Naja, denn eben nicht. Er schreibt mir schnell aus dem Kopf ein Roadbook, womit man auch eine Rally hätte gewinnen können, so genau ist es. Danke Uli!

Das Sauerland ist wirklich schön, erinnert mich ein wenig ans Weserbergland. Hier muss ich auf jeden Fall noch einmal wieder herkommen.

Na, welches Moped ist schöner? Ich stehe ja auf diese Holzmopeds. Immer, wenn ich eines sehe, würd' ich mich am liebsten gleich draufsetzen. Im Harz bei Pullman City steht auch ein Nachbau einer Boss Hoss.

Man gut, dass ich das Wochenende genutzt habe. Es war auch fast die letzte schöne Gelegenheit 2012 zu fahren. Danach kam nicht mehr so viel. Und es bewahrheitet sich mal wieder: die spontanen Aktionen sind mit die Besten, weil man einfach keine Erwartungen hat und diese somit auch nicht enttäuscht werden können. Manchmal ist es halt nicht schlecht, sich einfach treiben zu lassen. Ich hoffe ich kann mich irgendwann einmal einfach auf mein Moped setzen und losfahren. Egal wo hin, egal wie lange. Das ist echt ein Traum von mir und dem Tiger.